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Schlagwort: demut

Demut

«Was heisst denn bitte “Gib uns den Mond zurück”?
Der Mond — wie so vieles andere— gehört euch doch gar nicht.
Diesen habe ich red- und ehrlich gefangen und jetzt spielen wir zusammen, bis unsere Wege auseinander führen.


Der Monde da draussen gibt es mehr, als euer Leben lang ist, sie zu zählen.
Wenn ihr den Blick über das winzige Sonnensystem, welches nur um euch vermeintliche Sonnenkönige kreist, erheben wolltet, würdet ihr dies und euren Platz im Kosmos erkennen.»

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Die Visite



Als ich aufsah von meinem leeren Blatt, 
stand der Engel im Zimmer. 
Ein ganz gemeiner Engel, 
vermutlich unterste Charge. 
Sie können sich gar nicht vorstellen, 
sagte er, wie entbehrlich Sie sind. 
Eine einzige unter fünfzehntausend Schattierungen 
der Farbe Blau, sagte er, 
fällt mehr ins Gewicht der Welt 
als alles, was Sie tun oder lassen, 
gar nicht zu reden vom Feldspat, 
und von der Großen Magellanschen Wolke. 
Sogar der gemeine Froschlöffel, unscheinbar wie er ist, 
hinterließe eine Lücke, Sie nicht. 
Ich sah es an seinen hellen Augen, er hoffte 
auf Widerspruch, auf ein langes Ringen. 
Ich rührte mich nicht. Ich wartete, 
bis er verschwunden war, schweigend.

— Hans Magnus Enzensberger

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