Wir ziehen diese Woche um. Jedenfalls hatten wir das vor. Allerdings ist derart unbändiges Chaos losgebrochen, dass wir einfach von Tag zu Tag improvisieren. Ich sehe euch also nächste Woche wieder, wenn sich die Wogen hoffentlich geglättet haben.
Euch allen wünsche ich eine belebende Frühlingswoche und gesegnete Ostern.
Die Welt dreht sich schnell im Februar. Die Sonne lacht, die Tage strecken sich gähnend und der Frühling tänzelt schon nah. Vergnügliche Zugfahrten mit meinem Lieblings Python, welcher auch farblich exzellent zu meiner Garderobe passt. Die Umzugskisten wurden vom Dachboden geholt und nachdem die spitzohrige Crew alle probegesessen und qualitativ für gut befunden hat, füllen wir sie vorfreudigen Herzens. Tiefe Gespräche und fabelhafter veganer Brunch im DAR mit Valentina zu Ehren ihres morgigen Namenstags. Unser halbstarker Sonnenkönig verkündet derweil jeder Nachbarskatze stolz, dass sie die Terrasse nun nicht mehr betreten dürfe, da es sich um sein Reich handle. Solch dreiste Forderungen sowohl zu stellen als auch durchzusetzen, ist natürlich einfacher, wenn man zwei aufmerksame, sprungbereite und muskelbepackte graue Tiger im Rücken hat. Weder der Katzengott noch die Mondin würden nämlich zulassen, dass jemand dem kleinen Monarchen das knochige Ärschlein versohlt. Er weiss das, ich weiss das und ganz gewiss jede Katze, der seine Ansage gilt.
Ich sauge das farbige Leben dieser Tage fröhlich auf und wünsche euch dasselbe.
Ich sitze hier vor dem Computer und kaue gedankenverloren auf meinem Humus-Gemüse Sandwich herum. Keine Ahnung, wo ich mit dem Erzählen beginnen soll. Kann ich doch selber noch nicht fassen, was geschehen ist. Aber here we go: 2019 zogen wir aus einem Haus mit freundlichen Nachbarn und einer wunderbaren Dachterrasse, weil es verkauft wurde und saniert werden sollte. Zum Glück wussten wir damals nicht, dass wir mit diesem Auszug den Hausfrieden und das sich zu Hause wohl und geborgen fühlen, für beinahe vier Jahre an den Nagel hängen würden. Ich will hier die Details nachbarschaftlichen Irrsinns, den wir in dieser Zeit erlebt haben, gar nicht erörtern. Über ein Jahr lang zog sich unsere Suche nach einem Daheim, wo wir endlich wieder ankommen, ausatmen und einfach sein können. Eine zermürbende Odyssee, in der wir all unsere Wochenenden mit Hausbesichtigungen verbrachten und die Hoffnung, dass überhaupt existiert, was wir suchen, schwand. Am Samstag dann kamen wir an einen Ort, der auf den Fotos nicht unbedingt vielversprechend wirkte, auf den ich mich aber unerklärlicherweise freute. Alles dort war einfach und klar. Man bekommt genau, was man sieht, kein Gewäsch. Der Vermieter und seine zwei Katzen in Suryas Alter waren uns gleich sympathisch und wir wussten, dass wir da gerne mit ihnen wohnen würden. Wir tranken Kaffee im Garten und führten entwaffnend ehrliche Gespräche über Herzensbruch. Wir sagten: «Wir möchten hier leben» und er erwiderte: «Ich hab ein super Gefühl bei euch beiden, aber ich zeig die Wohnung noch anderen. Ich melde mich nächste Woche.» Wir verabschiedeten uns und besuchten noch ein Brockenhaus in der Nähe. Als ich eintrat, sprach ich ein Stossgebet: «Wenn dies der Ort ist, um den ich schon so lange bitte und er meiner ganzen Familie zum allerhöchsten Wohl dient, dann vertraue ich darauf, dass ihr ihn uns zuspielt. Danke.» Eine Minute später, ich kramte gerade in einem Stapel Fasnachtskostüme, klingelte es in der Jackentasche des Löwen. Es war der Vermieter: «Ihr habt die Wohnung. Ich werde die Besichtigungstermine der andern Interessierten absagen. Es wär nicht fair, wenn sie kommen und sich Hoffnungen machen. Ich würde eh euch wählen, es ist klar.» Während ich das tippe, habe ich Tränen in den Augen. Wie schon geschrieben, Worte reichen nicht, um meine Erleichterung auszudrücken. Oder die Dankbarkeit über den Beginn einer neuen Ära. Projekt Sirius tritt in Manifestation.
Egal wie entmutigt, müde oder mürbe ihr seid: Gebt eure Träume nicht auf, schiesslich habt ihr sie aus einem Grund.
Wir sind angekommen. Seit zwei Wochen leben wir nun schon in unserem neuen Heim und fühlen uns alle pudelwohl. Henry hat sein neues Revier bereits nach 24 Stunden erkundet und für gut befunden. Der Kater heisst ja nicht umsonst Katzengott: Regeln, von wegen erst mal zwei Wochen drinnen bleiben und dann Freigang gewährt bekommen, wurden definitiv nicht für ihn geschrieben. Moonshine liess es gemächlicher angehen, sie sass eine Woche lang auf der Terrasse und hat den Garten von oben beäugt. Mittlerweile geht sie auf Streifzüge, geniesst es aber auch, einfach mit dem Löwen auf einem Liegestuhl zu dösen. Die Blumen in den mitgebrachten Töpfen blühen lachend dem herrlichen Baum im Innenhof entgegen, ansonsten braucht die Terrasse noch intensive Liebe, damit sie ihr Potenzial voll entfaltet. Die lasse ich ihr nur allzu gerne zukommen, schliesslich ist es mir eine grosse Freude, die Orte, welche ich bewohne, in blühende Friedensoasen für Mensch und Tier zu verwandeln.
Der Katzenkult zieht in einen neuen Tempel. In einer alten Uhrenfabrik zu leben bedeutet, dass die Räume so lichtdurchflutet sind, dass man morgens nach Sonnenaufgang besser eine Sonnenbrille aufsetzt, um Kaffee zu kochen. Damit kann es mein altes Atelier beim besten Willen nicht aufnehmen.
Nun befinde ich mich in einer Art Zwischenwelt: die eine Hälfte hier, die andere dort, Chaos überall. Das ist der Ort, um Archivkisten zu durchstöbern und vergessene Arbeiten mit neuen Augen zu betrachten. Mit den meisten ist man visuell und technisch nicht mehr einverstanden, für einige muss man sich im Nachhinein für Letzteres loben und wenige sind so persönlich, wie sie es waren, als man sie gemacht hat. Auf die Katze im Raumanzug trifft gerade alles zu. Weil sie meinen persönlichen Legenden entstammt. Der Dimension, in die ich anderen durch meine Werke zwar Einblicke gewähren kann, aber das Portal dorthin müssen sie selber erfühlen.
Leute, sagt Hallo zu meinem fabelhaften neuen Nachbarn Simba. Der 13-jährige Kater ist stets zur Stelle, wenn wir eine neue Fuhre Umzugskartons anschleppen und übernimmt geflissentlich die Qualitätskontrolle für all den Kram, welchen wir auspacken. Schliesslich ist er der Chef hier und was wir bringen, sind Geschenke für ihn. Alles wird ausführlich beschnuppert und probegelegen. Das Prädikat «besonders wertvoll» verlieh er unserem Mützen- und Schalkorb, in welchem er binnen Kurzem in Tiefschlaf fiel. Ich dagegen erhielt als Liegefläche ein «gut» und ein «mangelhaft» als Kratzbaum. Der soll schliesslich nicht zucken und maulen, wenn Katz ihre Krallen dran wetzt.
Ich kann mir zwischen Simba und Henry eine wunderbare zukünftige Freundschaft vorstellen. Für Sirius wird die Situation vermutlich eine grosse soziale Herausforderung.
Zum Glück kennen sich Gottheiten mit der Ewigkeit aus. Sie werden im neuen Heim nämlich noch bis Sonntag in einer Woche geduldig auf dem Ofen sitzen müssen, bis wir endgültig einziehen und ihnen einen neuen Schrein bauen. Beim Entrümpeln hat der Löwe eine Nofretetestatue gefunden, welche sein Grossvater selig vor Dekaden im Neuen Museum Berlin erstanden hat. Die Königin scheint mir in Gesellschaft von Katzen und Flora recht zufrieden. Nun, wer wäre das auch nicht? Euch allen wünsche ich ein frohes Wochenende!
Die drei kleineren Bastetstatuen: aus Kairo, Pyramide: Shadow of the Sphinx, grosse Bastet: Brockenhaus, Pflanzen: beide vor dem sicheren Tod gerettet.
Nach emotional zermürbendem Hin und Her ist nun klar, dass der Löwe, die Tempelkatzen, ich, unser Garten, meine Praxis und mein Atelier in ein neues Heim ziehen. Wohin und Wann steht noch nicht fest, die Suche nach einer friedlichen Oase läuft. Da der Löwe und ich Sammlernaturen mit grossem Estrich- und Kellerabteil sind, werden wir den Juli damit verbringen, aus zu sortieren und uns von vielen Dingen zu verabschieden, welche wir nicht in unser neues Leben mitnehmen wollen. Das ist viel Arbeit, aber ich freue mich auch darauf, denn Ballast loszuwerden hat schliesslich auf allen Ebenen eine sehr befreiende Wirkung.